Erzähl keine Märchen, Froschkönig!

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Prinz, wo bist du?

Nicholas Sparks Fans aufgepasst: die viel besungene Liebe könnte sich letzten Endes als etwas ganz anderes entpuppen, als allgemein angenommen wird. Was wenn ich euch erzähle, dass die heute so weit verbreitete Vorstellung von der einen, alles verzehrenden romantischen Liebe, eine noch sehr junge Idee ist? Eine Idee, welche sich erst ab dem 18. Jahrhundert durchzusetzen begann und einen Gegenentwurf zu den damals hauptsächlich arrangierten Vernunftehen darstellte.

Dass Liebe über eine lange Zeit hinweg nichts mit den Idealvorstellungen zu tun hatte, welche uns bis heute durch Literatur, Musik und der Hollywood-Maschinerie in die Köpfe eingebrannt werden, ist für die Meisten kaum vorstellbar. Auch gegenwärtig existieren noch Völker und Gesellschaften, die über unsere Liebesdefinitionen nur staunen können. Von ‚und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende‘ fehlt hier jede Spur.

Nichts als Vorstellungen

Warum ich das Konzept der romantischen Liebe nicht nur für einen Mythos, sondern auch für alltagsuntauglich erachte, möchte ich an dieser Stelle näher erläutern. So behaupte ich, dass dort draußen keine Märchenprinzen oder verwunschene Prinzessinnen umherwandern. Wir gleichen eher Fröschen, die von Teich zu Teich hüpfen und dabei immer wieder auf andere Frösche stoßen. Mit manchen dieser quakenden Amphibien sind wir kompatibler als mit anderen. Und mit etwas Glück, finden wir unseren Lieblingsfrosch mit dem wir fortan gemeinsam herum tümpeln.

Würden wir es an dieser Stelle dabei belassen, könnten wir möglicherweise tatsächlich eine lange und glückliche Froschbeziehung führen. Wären da nicht all die verklärten Bilder in unseren Köpfen, die in der Realität kaum umsetzbar sind. Wir erheben unser Gegenüber in märchenhafte Sphären und gehen von nun an davon aus, dass unser heldenhafter Prinz oder unsere verschlafene Prinzessin Sorge dafür trägt, dass wir bis zum Ende unserer Tage erfüllt und zufrieden sind. Die Erwartungen die wir dem anderen dabei aufbürden, können bei näherer Betrachtung nicht einmal von uns selbst erfüllt werden.

Liebe entspannter

Eine Partnerschaft ist kein Versprechen für lebenslanges Glück. Sie erfordert sehr viel Arbeit, Geduld und Verständnis. Und auch Kompromisse. Kompromisse, die wir jedoch selten einzugehen bereit sind, solange wir uns nicht von unseren Idealvorstellungen loslösen. Ich weiß wie befreiend es ist, sich selbst und den Partner aus der Märchenwelt zu entlassen. Das gemeinsame Froschsein zu akzeptieren und sich darauf zu konzentrieren was möglich ist. Anstelle daran festzuhalten, wie es scheinbar sein sollte.

Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Ingelore Ebberfeld stellt in ihrem Buch ‚Von der Unmöglichkeit der Liebe‘ fest„Liebe ist das, was wir uns darunter vorstellen, eine Art Glaubensbekenntnis.“

Dem kann ich nur hinzufügen: Lassen wir daraus ein für uns alle tragbares Glaubensbekenntnis werden. So kann vielleicht unsere nächste Froschbeziehung unsere Erwartungen vollkommen zerschlagen – im positiven Sinne.

portrait von Michael

Dein Michael
michael@proterra.at

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